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Wie bewerten Ärztinnen und Ärzte den Freiwilligen Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit?

Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit, Beispielfoto © Adobe Stock, MickySo

Jeder sollte das Recht haben, selbstbestimmt zu sterben. Dafür tritt die DGHS nun schon seit über 35 Jahren ein. Dass dieser selbstverständliche, menschliche Wunsch jedoch immer wieder an rechtliche und gesellschaftlich-moralische Grenzen stößt, ist weitestgehend bekannt. Die DGHS versucht, Ängste und Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen.
Eine empirische Studie ist aktuell im Georg Thieme Verlag erschienen: „Bewertung des freiwilligen Verzichts auf Nahrung und Flüssigkeit durch palliativmedizinisch und hausärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte“. Die Autoren Prof. Dr. phil. Alfred Simon, Philosoph und Medizinethiker sowie wissenschaftlicher Leiter der Akademie für Ethik in der Medizin und Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees an der Universitätsmedizin Göttingen und Nina Luisa Hoekstra, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Akademie für Ethik in der Medizin an der Universitätsmedizin Göttingen, befragten insgesamt 714 Mediziner, wie der Freiwillige Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit (FVNF) rechtlich einzuordnen und ethisch zu bewerten sei. Die Antworten von 255 Ärztinnen und Ärzten fiel eindeutig aus: Die Begleitung beim FVNF ist keine Hilfe zur Selbsttötung, sondern Teil der ärztlichen Sterbebegleitung.
Das Ausmaß der Zustimmung variierte allerdings abhängig von den Eigenschaften der Patienten und der Ärzte: Bei Patienten mit schicksalsartigem Eintritt und Verlauf der Grunderkrankung (Beispiele: onkologischer bzw. tetraplegischer Patient) war die Zustimmung höher als bei Patienten mit entwicklungstypischen Krankheiten (Beispiele: demenzerkrankter bzw. alter Patient). Zwei Gruppen der Befragten befürworteten FVNF in besonderem Maße: Ärzte, die eine ärztliche Hilfe zur Selbsttötung eher bejahten sowie Ärzte mit palliativmedizinischer Zusatzweiterbildung, die jedoch einer ärztlichen Hilfe zur Selbsttötung mehrheitlich ablehnend gegenüberstanden.
Schlussfolgerung: FVNF stellt eine für die Palliativversorgung relevante Thematik dar, die einer vertieften und differenzierten ethischen Betrachtung bedarf.

Das Fazit der Studie:

  • Der FVNF ist eine konkrete Möglichkeit für Patienten, den Wunsch zu sterben selbstbestimmt umzusetzen.
  • Die Begleitung beim FVNF ist keine Hilfe zur Selbsttötung, sondern Teil der ärztlichen Sterbebegleitung.
  • Der Arzt muss sich zuvor im Gespräch mit dem Patienten davon überzeugen, dass der Sterbewunsch wohlüberlegt ist und nicht auf sozialem Druck oder einer psychischen Erkrankung beruht.
  • Der FVNF ist aus Sicht des Patienten die letzte Möglichkeit, eine unerträgliche Leidenssituation zu beenden.
  • Die Angehörigen des Patienten sollten in die Entscheidungsfindung eingebunden und die Entscheidung im behandelnden Team kommuniziert werden.

 

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