Urteil im Sterbehilfe-Fall: Drei Jahre wegen Totschlags

Ein 74-Jähriger pensionierter Hausarzt hatte 2021 einer schwer an Depression erkrankten 37-jährigen Frau auf deren Drängen hin beim Suizid geholfen (siehe auch Artikel Prozess wegen Beihilfe). Nach zehn Prozesstagen erfolgte am 08.04.2024 am Landgericht Berlin das Urteil: drei Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft. Zentral war für das Gericht dabei die Frage, inwiefern die später Verstorbene ihren Selbsttötungsentschluss freiverantwortlich gebildet hat oder nicht. In dieser besonderen Fallkonstellation sei davon auszugehen, dass der Angeklagte nicht nur straflose Beihilfe zum Suizid geleistet habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten werden.

DGHS-Präsident RA Prof. Dr. Robert Roßbruch kommentiert diesen Fall so:

„Das Urteil war zu erwarten. Dennoch würden wir uns als DGHS wünschen, dass die Gerichte die Suizidwünsche auch psychisch kranker Menschen stärker als bisher respektieren würden, denn nicht jeder Mensch mit einer psychiatrischen Diagnose ist automatisch einsichts- und urteilsunfähig. Nicht nachvollziehbar sind die Äußerungen des Strafverteidigers, der im Prozess sagte, dass es in Fällen wie dem vorliegenden an einer gesetzlichen Regelung fehle. Wenn ein Arzt, der Suizidhilfe leisten möchte, sich an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hält, hat er keine strafrechtlichen Sanktionen zu befürchten. Wenn er sich nicht daran hält, steht den Richtern die gesamte Palette des Strafgesetzbuches zur Verfügung. Wir können daher nicht erkennen, warum es einer gesetzlichen Regelung der Suizidhilfe bedarf.“

Ursula Bonnekoh, DGHS-Schatzmeisterin, ordnet den Fall in die Problematik der Freitodbegleitung für Menschen mit psychatrischen Diagnosen ein: Zum Leben verdammt: Wenn Menschen mit psychiatrischen Diagnosen keine Chance auf eine Freitodbegleitung haben.

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