HLS: Herr Roßbruch, wie reagieren Sie auf den Spiegel-Bericht zur Sterbehilfe der DGHS bei Florian Willet?
Roßbruch: Ich ärgere mich – erstens über den Bericht, der das klare Ziel hatte, den assistierten Suizid schlecht zu machen. Und zweitens – und noch mehr – über mich. Ich habe damals im April eine falsche Entscheidung getroffen und zugelassen, dass Herr Willet sehr rasch einen Termin für seinen assistierten Freitod bekam, obwohl er erst knapp 2 Monate zuvor Mitglied geworden war.
HLS: Was genau war die falsche Entscheidung?
Roßbruch: Herr Willet litt zwar unter einer Vielzahl von Operationen, die er hinter sich hatte, und war schmerzgeplagt. Aber sein wichtigstes Motiv war die Lebenssattheit – und diese rechtfertigt keine verkürzte Wartezeit für die Freitodbegleitung. Das war ein Fehler von mir. Ich habe deshalb dem Präsidium meinen Rücktritt angeboten – den hat es aber einstimmig abgelehnt.
HLS: Und was sind die Konsequenzen aus dem Fall?
Roßbruch: Wir werden einige Konsequenzen und Schlüsse ziehen, lassen Sie mich drei nennen. Erstens ist es nach Präsidiumsbeschluss in keinem Fall mehr möglich, dass Präsidiumsmitglieder Freitodbegleitung machen. Zweitens sollen die Erst- und Zweitgespräche nicht per Video stattfinden. Drittens werden wir Prof. Thomas Fischer bitten, unser mehrstufiges Schutzkonzept zu auditieren – ein externer Check-up gehört zu professionellen Standards einfach dazu. Das sind wir den Mitgliedern, den Freitodbegleitungs-Teams und der Öffentlichkeit schuldig.
HLS: Der Spiegel stellte auch in Frage, ob Herr Willet freiverantwortlich entscheiden konnte…
Roßbruch: Wir hatten aus den Unterlagen und Krankenakten keinen, wirklich keinen Hinweis, dass Herr Willet nicht freiverantwortlich handelte. Um es kurz zu machen: Die Staatsanwaltschaft Köln hat in der Sache nicht ermittelt, auch heute nicht. Hier berichtet der Spiegel auch falsch.
Entscheidend ist für mich, dass wir, dass die ganze DGHS ihre gute und wichtige Arbeit fortsetzt und ausbaut. Denn unser Anliegen des Patientenschutzes und Bürgerrechts für Kranke, Ältere und alle die es brauchen – das wird immer wichtiger. Ich sage ganz klar: Jeder Fehler ist einer zu viel. Der aktuelle Fall ist ein Schuss vor den Bug – er sollte uns aber nicht vom Kurs abbringen – denn wir übernehmen Verantwortung, lernen dazu und werden unsere wichtige Arbeit noch besser fortsetzen.
HLS: Wie beim Spiegel: Danke für das Gespräch.
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